Der Meteorologe Richard
Scherhag und der
Kaltlufttropfen im Winter 1940!
Trotz vieler Kälterekorde in Europa sind die Gründe ungeklärt!
Hat die Meteorologie versagt?
Eingestellt: 07. Februar 2015
Der
Dank, den 5-wöchigen Kaltlufttropfen (KLT), der sich zunächst im östlichen
Ostseeraum und später im Raum Hamburg wirkte, in die wissenschaftliche
Literatur eingeführt zu haben, gebührt Richard Scherhag (1907
–1970). In seinem Standardwerk „Wetteranalyse und Wetterprognose“ (1948) ist
das Ereignis auf Seite 232 mit Verweis auf den „berüchtigten Kaltlufttropfen
auf der Südseite eines ungewöhnlichen Polarhochs, mit 1070 mb am 15. Januar 1940, dokumentiert. Scherhag stellt ferner fest,
dass dieser Kaltlufttropfen den europäische Winter mit einer nicht enden
wollende Kälteperiode bestimmt hat. Das
war es! Keine Information über einzelne Wetterkonditionen, Temperaturen,
See-Eis, Schnee und viele Rekorde. Keine Ursachenanalyse, keine Erklärung. Fehlte
Richard Scherhag dafür die wissenschaftliche Kompetenz und Interesse?
Hat Scherhag
versäumt sich die Frage zu stellen, ob die Kriegsaktivitäten seit dem 1. September 1939
mit dazu beigetragen haben,
den KLT nach Europa zu bringen und über weitere Wochen dessen Wirkung zu erhalten? Zwar verweist er darauf, dass am 6. Dezember 1940 in Hamburg
der niedrigste Luftdruck seit 120 Jahren gemessen wurde (ca. 965mb; Deutsche
Bucht < 955mb), verliert aber kein Wort darüber, dass sich trotz normaler
Lufttemperaturen bis Anfang Dezember, ab dem 16.Dez. die deutsche Küste dauerhaft
vereiste (z.T. bis zu über 100 Tagen). Das war höchst ungewöhnlich und gut zwei Wochen früher als in der
westlichen Ostsee. Alleine dieser Umstand, kann auf die hohen Seekrieg-Aktivitäten
in der Deutschen Bucht seit
August 1939 zurückgeführt werden. Damit wurden Bedienungen begünstigt, wodurch ein
kräftiges stabiles Hochdruckgebiet die zonale Westwindströmung blockierte. Dabei
wird den atlantischen Zyklone ein Hinwegzeihen
über Mitteleuropa verwehrt und sie werden nach Nordost oder Südost umgelenkt.
Kalte sibirische Luft kann über Westeuropa herrschen. Das meteorologische
Mittel ist ein Kaltlufttropfen. Wenn Scherhag die Bedeutung der
Seewassertemperaturen an Europas Westküste und insbesondere von Nord- und Ostsee
während der Wintersaison berücksichtigt hätte, wäre es ihm unschwer möglich
gewesen, die Gründe des Kaltlufttropfen und Einzelheiten zum Extremwinter
1939/40 zu analysieren. Warum gab es zum einen Rekordtiefsttemperaturen schon
Mitte Januar, im östlichen Ostseeraum, Moskau, Polen und in Wales, aber erst
Mitte Februar in Hamburg? Warum fror die Ostsee zum ersten Mal seit 1893 vollständig
zu? Keinen einzigen Gedanke verwandt er auf die maritime Komponente. Dabei hatte
Scherhag den Lauf des KLT nach dem 15. Januar 1940 wie folgt beschrieben:
„Kaum hatte er sich am
24. Januar auf die Ostsee begeben, als er sich hier im Konvergenzbereich
zwischen zwei Hochdruckzellen wieder verstärkte, und auch ein neuer
Rückzugsversuch am 7. Februar wurde über der gleichen Gegend gestoppt. Bei
Druckanstieg über Nordeuropa gewann er zum drittenmal westwärts an Raum und
erreichte jetzt erst am 12. Februar seine größte Energie über Hamburg. Sein
Zentrum durchwanderte dann nochmals ganz Deutschland ……bis es am 20. Über Ostpreußen
angelangt war …und verließ den zentraleuropäischen Raum glücklich am 22.
Februar, …“.
Obwohl
R. Scherhag seit zwischen 1938 und 1944 im
Reichsamt für Wetterdienst in Berlin arbeitete, fragte er sich nie,
warum der KLT im ersten Kriegswinter entstand, sich bewegte und wirkte. In einem späteren
Aufsatz hält er lu.a. fest, „der
kalte Winter 1939/40 sei durch eine die ganze Erde umfassende allgemeine
Störung der atmosphärischen Zirkulation bedingt.“ (Annalen d. Meteorologie, 1951, S.321ff). Er
schreibt u.a. ferner: “Die im Januar 1940
auf der Nordhalbkugel beobachtete Temperatur-Anomalie sind aus der aufgetretenen
Druckabweichungen leicht zu erklären. Mit der Abweichung des sibirischen Hochs
bis zur Arktis ist eine Verlagerung des asiatischen Kältepols nach Weißrussland
verknüpft, wobei längs einer vom nördlichen Ural bis nach dem Herzen
Mitteleuropas eichenden Achse größten negativen
Temperaturabweichungen um -10° eintraten, (S.327f)“. Auch diesbezüglich
lässt Scherhag die Überlegung vermissen, wie diese Kälteachse sich begründen
lässt, nämlich durch frühzeitige Auskühlung der Seegebiete von der
Atlantikküste Großbritanniens, über Nord- und Ostsee bis zum Golf von Finnland.
Kompetenz sieht anders aus. Unter den
herrschenden Umständen war eine Einbeziehung und Analyse der Wirkung des
Seekrieges auf den Wärmehaushalt der regionalen Seegebiete geboten.
Figure 8/9 Doch wie
umschreibt man Kompetenz, wenn nicht nur einer, sondern die gesamte Zunft
wichtige Zusammenhänge nicht erkennt. Grundlage dazu ist die Fähigkeit zu
erkennen, dass die Binnen- und Randmeere in Nordeuropa in der Winterzeit einer
der wichtigsten Faktoren für den Verlauf des Winters sind. Da hatte der
Seekrieg seit dem 1. September einiges bewirkt. Der Kaltlufttropfen konnte ungestört wirken.

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Basierend auf R. Scherhag Annalen d. Meteorologie, 1951, S.321ff
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Basierend auf R. Scherhag Annalen d. Meteorologie, 1951, S.321ff
Fig. 10-11
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Basierend auf R. Scherhag Annalen d. Meteorologie, 1951, S.321ff
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Die Brisanz
dieser ungenügenden Analyse liegt insbesondere darin, dass somit auch nicht
erkannt wurde, dass sich die nächsten beiden Kriegswinter entsprechend entwickeln
könnten. Sie wurden gleichfalls Extremwinter, weil der Schwerpunkt des
Seekriegs bis zum Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 in Europa lag. Doch
die Meteorologen erkannten dies nicht. Wie Scherhag hat keiner der
Weltkrieg-Meteorologen sich wenigstens nach dem Krieg die Frage gestellt, warum
es zu diesen Extremwintern gekommen ist. Spätestens diese Ignoranz wird man als
mangelnde wissenschaftliche Kompetenz definieren können. Da diese Winter sieben
Dekaden her sind und selbst heute dieser Wille und die Bereitschaft fehlt, die
Versäumnisse von Richard Scherhag und seinen Kollegen zu beheben, kann man dies
als ein schweres Manko der Klimaforschung bezeichnen.
Ausführlich
zum ersten Kriegswinter 1939/40 das
Buchkapitel C1 – mit Links zu
Kapitel C2-C9
War die
Meteorologie zu unwissend, um Klimaänderungen
und den 2. Weltkrieg zu verhindern? Das Meer macht das Klima!.
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